Geschichte und Erinnerung

Von der Organisation Consul zu NSU und Hannibal

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Vortrag, Symbolbild © Edvin Johansson, unsplash
06.10.2022
19:30 Uhr
Referent:in Benjamin Dürr (Den Haag), Kersten Augustin (Berlin), Antje Gander (Bremen), Kai Wargalla (Bremen) Veranstaltungsort: ACHTUNG: NEUER ORT!
Falstaff
Schulstraße 26
28199 Bremen

Diskutant:innen: Benjamin Dürr (Den Haag), Kersten Augustin (Berlin), Antje Gander (Bremen), Kai Wargalla (Bremen)

Moderation: Matthias Loeber (Bremen)

Am 24. Juni 1922 wurde Reichsaußenminister Walther Rathenau von Aktivisten der rechtsradikalen Organisation Consul erschossen. Im Vorjahr war der frühere Reichsfinanzminister Matthias Erzberger einem Anschlag der Gruppe zum Opfer gefallen. Philipp Scheidemann, bekannt als Ausrufer der Deutschen Republik während der Novemberrevolution, hatte einen Mordversuch knapp überlebt. Sie alle waren der radikalen Rechten als Repräsentanten des demokratischen Staates, der aus Kriegsniederlage und Revolution hervorgegangen war, verhasst. Teils jahrelange Hetzkampagnen hatten den ideologischen Boden für die politischen Morde bereitet.

Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Veranda seines Wohnhauses aus nächster Nähe erschossen. Der Rechtsextremist Stefan Ernst hatte die Tat begangen, nachdem Lübcke aufgrund seines Einsatzes für Geflüchtete seit 2015 beispiellosen Rufmordkampagnen aus der parlamentarischen und außerparlamentarischen radikalen Rechten ausgesetzt gewesen war.

Mediale Schmähkampagnen, fußend auf verzerrten oder falschen Darstellungen, hatten den Mordtaten ideologisch vorgearbeitet. Die staatlichen Sicherheitsorgane hatten damals wie heute Schwierigkeiten, weitreichende rechtsradikale Netzwerke im Hintergrund zu erkennen, sei es aus eigener Verstrickung oder wegen des in der Gegenwart hochproblematischen V-Leute-Systems. Wie die Hintermänner der „OC“-Morde der 1920er Jahre nie zur Rechenschaft gezogen werden konnten, scheiterten Verfassungsschutz, Polizei und Justiz in der jüngeren Vergangenheit an der Entdeckung und Bekämpfung rechtsradikaler Gruppierungen wie des NSU. Im Falle des 2017 aufgedeckten Hannibal-Netzwerks waren Kräfte von Bundeswehr und Polizei unmittelbar an dessen Aufbau beteiligt. Die Podiumsdiskussion erinnert an die Mordtaten vor 100 Jahren und versucht, die historische mit der gegenwärtigen Situation zu vergleichen. Diskutiert werden ideologische Vorannahmen der radikalen Rechten, Problemstellungen in den staatlichen Sicherheitsorganen und Möglichkeiten einer wehrhaften Demokratie.

Es diskutieren:

  • Benjamin Dürr, Politologe, Jurist und Publizist. In seiner 2021 erschienenen Erzberger-Biografie beleuchtet er die systematischen Hetzkampagnen der radikalen Rechten gegen den Friedenspolitiker Erzberger, die den Boden für dessen Ermordung bereiteten.
  • Kersten Augustin, Journalist. Für die taz recherchierte er zu rechtsradikalen Verstrickungen in staatlichen Sicherheitsorganen, etwa bei der Bundestagspolizei oder im bis heute nicht aufgeklärten Todesfall Oury Jalloh.
  • Antje Gander, Leiterin des Referats Rechts- und Linksextremismus im Landesamt für Verfassungsschutz Bremen.
  • Kai-Lena Wargalla, Seit 2016 MdbB für Bündnis 90/Die Grünen, dort u.a. Fraktionssprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus.

 

Teilnahmegebühr: Kostenlos Veranstalter: Landeszentrale für politische Bildung Bremen, Erinnern für die Zukunft e.V., Heinrich Böll-Stiftung Bremen BarrierefreiheitInformationen zur Barrierefreiheit erhalten Sie beim Veranstalter Kontakt
Tobias Peters E-Mail: tobias.peters@lzpb.bremen.de Telefon: 0421 361 2098