Geschichte und Erinnerung

Kritisches Denken im Schatten von Auschwitz

Vortrag
Symbolbild Vortrag (c) pixabay
05.03.2024
19:00 Uhr
Referent:in Wolfgang Hien Veranstaltungsort: Kulturzentrum Kukoon
Buntentorsteinweg 29
28201 Bremen

Ludwig Teleky war ein sozialdemokratischer Arzt und Begründer der modernen Arbeits- und Sozialmedizin in Wien und Düsseldorf, unter anderem Geschäftsführer des Österreichischen Zentralkomitees für Tuberkulosebekämpfung und der Gesellschaft für Krebsbekämpfung. Im Jahre 1930 mit dem Devotopreis der Lombardischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet, wurde aber bereits 1932 die beabsichtigte Verleihung des Professortitels aus politischen Gründen verweigert: er war Jude. 1938 emigrierte er in die USA. Nach dem Krieg hoffte er auf eine Professur in Wien oder Berlin, doch er war und blieb unerwünscht. Als Beispiele seiner Tätigkeit wird auf die Lungentuberkulose und die Quecksilbervergiftung der Wiener Hutmacher eingegangen.

Der Arbeits- und Gesundheitswissenschaftler Wolfgang Hien beschäftigte sich im Lauf seiner Forschungsarbeiten zur Sozialgeschichte der Industriearbeit in Deutschland und Österreich von der Hochindustrialisierung bis heute intensiv mit der „Zeit“, dem Zeitgeist, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte und zu der Katastrophe das Nationalsozialismus führte. Es enthüllte sich die Kontinuität eines durchweg brutalen Sozialdarwinismus (der im heutigen Neoliberalismus wieder auf- und fortlebt). Das Leid der arbeitenden Massen, die Thematisierung von Leid und Leiden überhaupt, war und ist verpönt.

Er hat nach „Gegenstimmen“ gesucht, nach Stimmen, die die andere Seite des Fortschritts in den Blick nahmen und fand fast durchweg Stimmen jüdischer Intellektueller. Genau dies scheint ihm zugleich ein Grund für den seit etwa 1870 stetig wachsenden Antisemitismus zu sein. Humanität war in den Augen der Elite der Gegenpol zur Härte und Stärke, die man sich für das „Deutschtum“ wünschte. Es galt, die „Humanitätspropaganda der Juden“ zu bekämpfen und auszumerzen (vgl. Hermann Glaser: Bildungsbürgertum und Nationalismus, München 1993).

Im Verlauf der Vortragsreihe zwischen März und November 2024 stellt Hien sechs jüdische Intellektuelle vor, die ihm als Vertreter*innen von Humanität, Menschenwürde und „Verantwortung von anderen her“ (Levinas) begegneten: Ludwig Teleky / Käthe Leichter / Simone Weil / Edith Stein / Primo Levi / Emmanuel Levinas.

Teilnahmegebühr: Kostenfrei Veranstalter: VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Bremen (VVN-BdA), Kukoon BarrierefreiheitBarrierefrei Kontakt
Kukoon E-Mail: verein@kukoon.de Telefon: 0421 / 6849 6789